Aller guten Dinge sind drei
Nach 1990 und 1999 haben sich die Stimmberechtigten der Stadt Bern zum dritten Mal für den Kulturbetrieb in der Reitschule ausgesprochen. Für uns als BetreiberInnen der Reitschule heisst dies nach einem langen Abstimmungskampf vorerst Mal aufatmen, um die Kräfte wieder auf das konzentrieren zu können, was wir wollen, und nicht, was uns die biederen Kulturignoranten von Bern-West aufzudrängen versuchen.
Der Einsatz hat sich gelohnt: Selbst wenn die Plakatkampagne mit den auffälligen schwarz-weissen Kreismotiven als ´zu intellektuellª taxiert wurde, so ist die klipp und klare Botschaft NEIN und nochmals NEIN deutlich zu vernehmen gewesen. Und darum ist es ja auch gegangen. Das Verwirrspiel mit dem Titel der Initiative ('Reitschule für alle') hat seine logische Fortsetzung in den Abstimmungsparole gefunden: Wer den heutigen Kulturbetrieb in der Reitschule unterstützt musste Nein sagen. Für einmal waren die Nein-Sager also willkommen. Am deutlichsten Ausdruck verliehen hat diesem Paradoxon die Nummer 1 der Berner Werbeagenturen, die in einem grossen Inserat die Nein-Sager an die Urnen befehligte um gleichzeitig - wenn auch diskreter - die Jasager in die Urnen wünschte. Über Geschmack lässt sich streiten...seine Wirkung hat das Inserat aber offensichtlich nicht verfehlt.
Verwirrung hin oder her: Der Entscheid der Berner Stimmberechtigten die Initiative "Reitschule für alle" bachab zu schicken, zeugt davon, dass die fadenscheinigen Argumente durchschaut wurden und dem unsinnigen Vorhaben, das nichts anderes zum Ziel hatte, als dem heutigen Betrieb in der Reitschule den Garaus zu machen, eine Absage erteilt wurde. Über den Inhalt der nun abgelehnten Initiative weitere Worte zu verlieren wäre schade um Papier und Druckerschwärze.
Nur so viel: Selbst die bauernfängerischen Argumente, wie etwa jene auf den Plakaten der InitiantInnen, die im Falle einer Zustimmung zu ihrem Vorhaben eine saubere, unversprayte Fassade der Reitschule vorgaukelten, haben nicht ihre erhoffte Wirkung entfaltet.
Vertrauen verpflichtet
Das Vertrauen, das der Reitschule nun zum dritten Mal innerhalb von zehn Jahren an der Urne ausgesprochen wurde, gibt Mut den Betrieb weiterzu entwickeln und auch über die Jahrtausendwende hinaus an der Idee der Selbstverwaltung festzuhalten. Mit dem Umbau der inzwischen Tag für Tag, Woche für Woche dem alten Gemäuer auf der Schützenmatte ein neues Kleid verleiht, kann nun ohne das drohende Damoklesschwert eines allfälligen Unterbruchs weiter geführt werden. In den nächsten Monaten werden die für den Betrieb der Reitschule zentralen Räumlichkeiten des Restaurants Sous-le-Pont und das Konzertlokal im Dachstock neu eröffnet. Auch wenn noch nicht alle betrieblichen Fragen zu Ende diskutiert sind, so kann sich dieser Neuanfang - zusätzlich gestärkt das Verdikt einer Mehrheit der Berner Stimmberechtigten - zu weiterem Elan anregen.
Den Besucherinnen und Besuchern soll weiterhin ein Betrieb präsentiert werden der auch kontrovers ist, nicht alles reibungslos und clean abläuft. Die Reitschule soll auch weiterhin ein Ort bleiben, wo Kultur als Prozess verstanden wird, wo Kultur und Politik verschmelzen und nicht zum reibungslose Konsum auf dem Silbertablett präsentiert werden. Dass ein solches Kultur- und Politikverständnis aneckt, ist zu erwarten. Dass aber der Versuch, dieses Selbstverständnis mit fadenscheinigen und zum Teil erstunken und erlogenen Räubergeschichten zu torpedieren, scheiterte, erfüllt uns mit Genugtuung. Scheinbar wird der kontroverse Ort Reitschule, selbst wenn Gebäudehülle und Fassade in neuem Glanz erstrahlen, als ein Projekt geschätzt, das zu Widerspruch herausfordert und sich eine Vielfalt von gesellschaftlichen Fragen auf engstem Raum kristallisieren.
Abstimmungsbüro der IKuR