Bern, 2002
Die Reitschule wird genutzt
Die Reitschule Bern ist ein Autonomes Kultur- und Begegnungszentrum. Hier
werden Konzerte gegeben, Filme und Theaterstücke gezeigt, Performances
zelebriert, Ausstellungen präsentiert. Aber auch: links-politische
Literatur aufgelegt und ausgeliehen, Aktionen gegen Rassismus, Sexismus,
Ausbeutung, Faschismus und für weltweite Befreiungskämpfe usw.
vorbereitet und durchgeführt, Frauenveranstaltungen organisiert. Und
ebenso fleissig wird gedruckt und gelesen, gekocht und gegessen, serviert
und getrunken, geschrieben und interpretiert, gebaut und gewohnt.
Der Werdegang – Seit 100 bzw. 10 Jahren
Das Gebäude «Reitschule Bern» wurde 1897 gebaut und einstweilen
als Reitschule gebraucht. Später, als die Autos die Vierbeiner ablösten,
wurden die Gebäudlichkeiten als Lager gebraucht, bis schliesslich die
80er Jahre Bewegung brachten: Eine erste Nutzung als Kulturzentrum dauerte
«nur» von 1981 bis 1982, die damaligen Stadtväter konnten
sich zuwenig an dem in ihren Augen chaotischen Betrieb erfreuen. Erfolgreicher
war die Besetzung im Herbst 1987. Die drohende Räumung der Hüttendorfsiedlung
«Zaffarayay» (im November desselben Jahres dann auch geschehen)
brachte die Autonomen, die Jugendlichen, die Unzufriedenen oder einfacher:
die künftigen ReitschülerInnen - in Rage, sie waren nicht mehr
zu bremsen: Die Reitschule - oder wie viele sie nennen: Reithalle - wurde
im Oktober 1987 besetzt und nicht wieder frei gegeben. Bis heute nicht.
Kein anderes kulturelles und politisch aktives Zentrum in Bern oder überhaupt
in der Schweiz vermochte sich so lange zu halten. Und kein anderes Zentrum
in Bern vermochte in den letzten zehn Jahren die Geister derart zu scheiden
wie die Reitschule.
Wer mehr dazu erfahren möchte, findet die Chronologie der Ereignisse von 1987-1998 im 1998 im Rotpunkt Verlag erschienen
Buch
«Reithalle Bern. Autonomie und Kultur im Zentrum» und diejenige der Jahre 1998-2007 im Jubiläumsbuch vom
Oktober 2007 aus dem Verlag Edition8:
«Reitschule Bern. 20 Jahre und mehr».
Mehr als man denkt
Die Reitschule ist viel mehr als ein ausgedienter Pferdehof, mit dem niemand
so recht was anzufangen weiss und wo sich halt ein paar schräge Vögel
und KulturtäterInnen eingenistet haben. Die Reithalle ist der Inbegriff
der unbequemen Leute, der Chaotinnen, Schmarotzer, Weltverbesserer und Träumerinnen
und ewig Solidarischen, kurz: der Bewegten der 80er Jahre und der 90er,
aber auch: der Mutigen bis Übermütigen, die sich nicht einfach
alles bieten liessen und lassen. Immer wieder mischte sich die Reithalle
ein in der Stadt Bern, der schweizerischen Metropole, und stellte Ansprüche.
Sie ist nicht mehr wegzudenken aus dem Stadtbild: Die Reithalle, pardon:
Reitschule Bern.