unikino präsentiert: Spielzeit / Zeitspiel


  Spielfilm von Fred Zinnemann, USA, 1952, OV E/d, 85 Minuten

High Noon

Minutenlang fällt kein einziges Wort. Die Anspannung ist unerträglich. Unerbittlich bewegen sich die Zeiger weiter nach vorne bis aus der Ferne das pfeifende Signal des Mittagszuges erklingt. Darauf haben alle gewartet, denn mit diesem Zug kommt der vor kurzem frei gelassene Mörder Frank Miller zurück in die kleine Stadt Hadleyville, um abzurechnen mit Marshall Will Kane, der ihn damals ins Gefängnis brachte.

Weltberühmt und handwerklich perfekt ist die Inszenierung dieses Höhepunkts von „High Noon“, einem Plot, in dem die voranschreitende Zeit der größte Feind des Protagonisten ist, in dem klassische Western-Duell zu seiner Essenz hochstilisiert wurde, und der sich gleichzeitig deutlich von den Normen des Genres entfernte. Ein des Schießens müder Held gab es vor High Noon ebenso wenig wie eigenständige und selbstbewusste Frauenfiguren. Unabhängig und nach ihrem eigenen Willen führen die Protagonistinnen in High Noon ihr Leben in einer Gesellschaft, in der ihre Position als Frau eigentlich eine ganz andere ist - und lassen die Beschützerinstinkte der Cowboys ins Leere laufen.

Dank solcher bewusst gegen den Genre-Strich gebürsteter Charaktere wird „High Noon“ manchmal als "Anti-Western" bezeichnet, treffender ist jedoch die Erkenntnis, dass der Film einfach wesentlich intelligenter und ehrlicher ist als andere Vertreter des Wildwest-Mythos. Während knapp 90 Minuten Spielzeit verläuft „High Noon“ in Echtzeit, so dass im Kopf der Zuschauenden permanent eine Uhr mittickt, während Kane's Suche nach Verbündeten immer verzweifelter und aussichtsloser wird.



Gary Cooper, Thomas Mitchell, Lloyd Bridges, Katy Jurado, Grace Kelly, Otto Kruger