Bern,
9. September 2008
Medienmitteilung zum Tod des Opfers
eines Angriffs unter der Eisenbahnbrücke auf der
Schützenmatte Ende August 2008.
Die Reitschülerinnen und Reitschüler sind bestürzt
über den Tod des Mannes, der am 29. August unter der
Eisenbahnbrücke auf der Schützenmatte so schwer verletzt
wurde, dass er nun im Spital verstorben ist. Leider sind damit unsere
schlimmsten Befürchtungen wahr geworden. Die Situation auf dem
Vorplatz hat das erste Todesopfer gefordert.
Tagtäglich beobachten wir die unhaltbaren Zustände der
offenen Drogenszene unter der Eisenbahnbrücke zwischen der
Reitschule und der Schützenmatte. Einmal mehr wollen wir
festhalten, dass nicht die Reitschule, sondern die städtische
Drogenpolitik solche Zustände verursacht.
Die Reitschule Bern fordert darum die Stadt- und den
Kantonsbehörden erneut auf, nicht länger die Augen zu
verschliessen und endlich eine zweite Drogenanlaufstelle zu
eröffnen. Eine solche schützt DrogenkonsumentInnen nicht nur
vor unhygienischen Konsumbedingungen, sondern auch vor Übergriffen
von Schlägern. Ohne eine zweite Drogenanlaufstelle befürchtet
die Reitschule Bern, dass die von der Stadt negierte, aber trotzdem
real existierende offene Drogenszene auf der Schützenmatte weitere
Opfer fordern wird - sei es wegen den unhygienischen Konsumbedingungen
oder wegen Gewalt auf der Gasse.
Eine abwartende Haltung bezüglich zweite Drogenanlaufstelle, wie
sie der Kanton propagiert, lehnt die Reitschule Bern angesichts der
traurigen Aktualität ab. Gesundheitspolitisches Handeln ist jetzt
gefragt!
Gleichzeitig wollen wir zu den Behauptungen und zum Verhalten der
Kantonspolizei Bern Stellung nehmen:
Mit aller Vehemenz weisen wir die Behauptung der Kantonspolizei
zurück, dass die Ambulanz bei ihrem Einsatz von zwei
Patrouillen-Fahrzeugen "beschützt" werden musste. Dies entspricht
nicht den Tatsachen: Laut mehreren AugenzeugInnen erschienen die beiden
Polizeifahrzeuge (ein Kastenwagen und ein Streifenwagen) erst 10-15
Minuten nachdem die Sanitäter kurz nach 23 Uhr ihre Arbeit ohne
Zwischenfälle bereits aufgenommen hatten.. Das Auftreten der
hinzugekommenen Polizisten mit ihrem unprofessionellen Verhalten
(Gummischrotgewehr im Anschlag, Blickrichtung Vorplatz-Bar) glich einer
Provokation. Sämtliche Gäste des Reggae-Abends der
benachbarten Vorplatz-Bar wunderten sich zwar über das Auftreten
der Polizei, liessen sich aber nicht provozieren. Weder die
BetreiberInnen der Vorplatz-Bar noch deren Gäste haben den
brutalen Angriff bemerkt und gingen darum davon aus, dass die Ambulanz
unter der Eisenbahnbrücke wegen einer Drogenüberdosis gerufen
wurde - dies kommt ab und zu vor.
Anstatt die BarbetreiberInnen über die Geschehnisse zu informieren
und zum Beispiel nach allfälligen ZeugInnen des Vorfalls zu
fragen, marschierten die vier mit Gummischrotgewehr bewaffneten
Polizeigrenadiere - einige Zeit nachdem die Ambulanz mit dem Verletzten
weggefahren war - Richtung Reitschule-Tor und Vorplatz-Bar,
informierten die Anwesenden über Beschwerden wegen der
Lautstärke der Musik und über die Tatsache, dass ihnen "die
20 Dealer auf dem Trottoir Bauchweh machen" würden. Kurz danach
fuhren sie mit Blaulicht davon!
Auch über die offizielle Telefonlinie zwischen Reitschule und
Kantonspolizei wurde die Reitschule nicht informiert. Was genau
passiert ist, haben die ReitschülerInnen wie alle anderen Berner
BürgerInnen am nächsten Tag den Zeitungen entnehmen
können.
Dass das Opfer vom 29. August nun verstorben ist, tut uns sehr leid.
Wir möchten auf diesem Weg auch den Angehörigen unser Beileid
ausdrücken.
Bern, 9. September 2008
Reitschule Bern, Mediengruppe