Bern, 26.9.11
Medienkonferenz zu den Polizeilügen im Zusammenhang mit dem
Polizeiüberfall auf die Reitschule vom Donnerstag 22.9.2011
(siehe auch
Medienmitteilung
vom 23.9.11)
Materialien zur heutigen
Medienkonferenz
(ohne Video, es gilt das gesprochene Wort)
Einleitung
Guten Tag
Wir begrüssen Sie zur heutigen Medienkonferenz und freuen uns,
dass so viele Menschen anwesend sind.
Zu den anwesenden Personen:
Es scheint, dass der "Film" ein grösseres Publikum anziehen mag,
als unsere üblichen Medienmitteilungen. Ansonsten macht es
für uns ja leider oft den Anschein, dass die Polizeimeldungen
ernster genommen werden als unsere Beobachtungen. Und ganz düster
für uns ist es, wenn einzelne Medien einfach die Polizeimeldung in
die indirekte Rede übersetzen - wie zum Beispiel letzten Freitag
Nachmittag.
Beobachtungen wie diejenige, die die Augenzeug_innen und der Film heute
aufzeigen werden, hat die Reitschule in den letzten Jahren immer wieder
angeprangert, sei es in ihrer Medienarbeit oder in den Gesprächen
zwischen der Stadtverwaltung und der Reitschule wie sie unser
Leistungsvertrag vorsieht und wie sie regelmässig stattfinden.
Solche Beobachtungen haben aber auch Organisationen wie augenauf immer
wieder berichtet - und auch sie respektive die Betroffenen werden
leider oft nicht ernst genommen.
Nun gibt es wieder so ein Ereignis, welches zufälligerweise von
einem geistesgegenwärtigen Gast gefilmt wurde. Wir hoffen nun
natürlich, dass wir mit dem Film und den Aussagen der
Augenzeug_innen unsere Beobachtungen verständlicher machen
können respektive Ihnen allen zeigen können, um was es geht,
wenn wir von unverhältnismässiger oder brutaler Polizeiarbeit
sprechen.
Wir haben den Film nicht sofort veröffentlicht, weil wir für
einmal nicht einfach eine Medienmitteilung verschicken wollten, die
dann vielleicht abgedruckt wird oder auch nicht, sondern haben bereits
am Donnerstag-Abend mit einem Journalisten Kontakt aufgenommen und ihm
den Film gezeigt. Notabene noch vor der Polizeimeldung am
Freitag-Nachmittag.
Wir werden den Film auch jetzt nicht auf Youtube oder anderen
Filmportalen veröffentlichen, weil wir zum einen die
Persönlichkeitsrechte aller Beteiligten achten, zum anderen, weil
wir keine unkommentierte und unargumentierte Gewaltvideos ins Internet
stellen wollen. Sie als Medienschaffende haben nun aber die
Gelegenheit, den Film zu visionieren und Ihren Publikum zu vermitteln.
Der Ablauf der Pressekonferenz sieht folgendermassen aus:
- Zeug_innen
- Film 1 Durchlauf und 1 kommentierter Durchlauf
- Statement der Reitschule
- Fragen von Journalisten
Nach der Medienkonferenz stehen wir Ihnen natürlich auch noch
für Einzelinterviews zur Verfügung.
In der gleichen Angelegenheit hat die Reitschule heute Morgen eine
Aufsichtsbeschwerde eingereicht. Eine Kopie davon bekommen Sie auf
Wunsch im Anschluss an die Medienkonferenz ausgehändigt. In der
Aufsichtsbeschwerde werden die Vorkommnisse detailliert beschrieben und
kritisiert und die Forderungen der Reitschule dargelegt.
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Aufsichts-Beschwerde (pdf) zuhanden
Polizeikommandant Stefan Blättler
Antrag auf Untersuchung des
polizeilichen Handelns anlässlich des Einsatzes - vermutlich der
speziellen Einsatzgruppe Krokus - der Kantonspolizei Bern vom 22.9.2011.
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Kontext der Ereignisse
Die Diskrepanz zwischen dem Polizeicommuniqué und der Sichtweise
der Reitschule könnte nicht grösser sein… -
Konflikte mit einzelnen Beamten der Kantonspolizei respektive der
Anti-Drogen-Einheit "Krokus" gab es in den letzten Jahren immer wieder.
So beobachten wir in der Reitschule regelmässig rassistische
Übergriffe, schikanöse Kontrollen und brutale Festnahmen,
Provokationen, menschenverachtende Sprüche, Beleidigungen oder
willkürliche Anzeigen - nicht nur gegen die vermeintlichen Dealer,
sondern auch gegen die Reitschüler_innen und unsere Gäste.
Übergriffe, wie die heute berichteten oder ähnliche, werden
von unserer Seite her bei den Stadtgesprächen zwischen der
Reitschule und der städtischer Verwaltung fast an jeder Sitzung
eingebracht, jedoch von der Polizeiführung (früher
Stadtpolizei, heute Kantonspolizei) ignoriert. Unseren Aussagen wird
nicht Glauben geschenkt, Übergriffe werden gedeckt und oftmals
stattdessen Betroffene oder die Reitschule des Fehlverhaltens
beschuldigt - auch gegenüber den Medien.
Wenn Sie sich nun vorstellen, dass acht geschulte und erfahrene Beamte
einer Anti-Drogen-Einheit es nicht schaffen, eine Einzelperson
festzuhalten, ohne dass diese in ein angrenzendes Gebäude
flüchtet, verstehen Sie sicher unsere Frage, ob die Beamten in
solchen Fällen nicht von Anfang an die Absicht verfolgen, in die
Reitschule einzudringen. Und dass es ihnen gar nicht um den einzelnen
unwichtigen Kleindealer ging, der - wie im aktuellen Fall - zum Schluss
wegen illegalem Aufenthalt und nicht im Zusammenhang mit Drogen
angezeigt wird.
Die Reitschule spricht sich an dieser Stelle einmal mehr klar und
deutlich gegen den Deal und die Konsumation illegalisierter Drogen in
und um das Kultur- und Begegnungszentrum aus. Mit Polizeieinsätzen
innerhalb der Reitschule-Gebäudlichkeiten wird die
Drogendeal-Problematik jedoch nicht gelöst, sondern Situationen
wie diejenige geschaffen, welche wir im Film gesehen haben und einige
hier Anwesende bereits selber miterlebt haben.
Bei den Stadtgesprächen weisen wir darum auch darauf hin, dass
unverhältnismässige und brutale Polizeiaktionen gegen
vermeintliche Dealer zu Gegenreaktionen von Reitschüler_innen oder
von Gästen führen. Sie verstehen aber sicher, dass die
Reitschule, gemeinsam mit Menschenrechtsorganisationen wie augenauf.ch
sich immer - zivilcouragiert - gegen solche Missstände und
Übergriffe wehren wird.
Deshalb fordern wir die Polizei einmal mehr auf, vermeintliche Dealer
nicht in die Reitschule zu treiben. Wie wir häufig beobachten,
können Personenkontrollen und gegebenenfalls -Festnahmen sehr wohl
auch ausserhalb der Gebäudlichkeiten stattfinden.
Wie bereits gesagt: Die Diskrepanz zwischen dem
Polizeicommuniqué und der Sichtweise der Reitschule könnte
nicht grösser sein. Sie kennen nun die Fakten aus Sicht der
Reitschule und Sie kennen das Polizeicommuniqué.
Aus unserer Sicht stellen sich für Behörden, Gemeinderat und
Parlamentarier_innen einige dringende Fragen. Was heisst das, wenn
Polizisten sie anlügen, anlügen müssen oder die Wahrheit
nach ihrem Sinne wiedergeben. Welche Version der Geschichte kennt die
Polizeiführung? Wie machen die Polizisten ihre Arbeit oder welche
politische Agenda (gegen die Reitschule) verfolgen sie?
Es folgen nun unsere wichtigsten Argumente und Forderungen aus der
Aufsichtsbeschwerde.
Die Betreiber_innen der Reitschule fordern:
a) Die sorgfältige Prüfung der Verhältnismässigkeit
des dargestellten Einsatzes als Ganzes und der Verhaltensweisen der
Einzelnen;
b) Die Erstellung eines schriftlichen und zu veröffentlichenden
Berichtes mit dem Prüfungsergebnis;
c) Die Bekanntgabe der Namen aller beteiligten Zivilpolizisten;
d) Eine Stellungnahme bezüglich der Überwachung der
Tätigkeit der im Dienst stehenden Polizisten der Kantonspolizei -
insbesondere der speziellen Einsatzgruppe Krokus;
e) Geeignete Massnahmen, um künftigen ähnlichen
Einsätzen und Vorgehensweisen seitens der im Dienst stehenden
Polizisten vorzubeugen;
f) Die konsequente Einhaltung der Grund- und Menschenrechte durch die
Polizei;
g) Die konsequente Einhaltung der prozessualen Rechte von
Festgenommenen auf Seiten der Polizei;
h) Den Respekt der psychischen und physischen Integrität aller
seitens der Polizei.
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ZITATE VON
KROKUS-BEAMTEN
(gegenüber Reitschüler_innen in den letzten
Monaten)
"Wott öppär äs Problem...?!" (Beim Eintreten in die
Reitschule)
"Chömmed doch nummä, chömmed..."
"Häbet d Schnurrä, süsch chlatsche mer nech wäg..."
"Sitt ruhig, süsch putze mer nech wäg..."
"I mache hie, was i wott..."
"Chumm nummä, Du Dräcksautonomä..."
"Mi Namä sägi dr scho, dä vergissisch nid so
schnäu, da erinnerisch di dis Läbä lang dra, dä
isch legendär..."
"Dir chöit no lang uf ds (Kontakt-)Telefon alüttä - mir
si denä nid ungerschtellt..."
"Itz muesch aber ufpassä, mir länge Di de nid mit
Samthandschue ah - mir si nid wi di schwulä Polizischtä vor
Kapo..."
Auf dem Waisenhauspolizei-Posten:
Angebot eines 1:1 (Mann gegen Mann)
etc.