Let's Doc!
Karen O'Connor, Miri Navasky, Maeve O'Boyle, USA, 2023, OV E/d, 113 Minuten |
Joan Baez - I Am A Noise
Erst 18 Jahre alt wurde Joan Baez mit einem Auftritt am Newport-Festival über Nacht zum Star. Mit ihrem Vibrato-Sopran, ihrem dezidierten politischen Engagement (gegen die Rassentrennung, den Vietnamkrieg, für Bürgerrechte) wurde sie zu einer Ikone der Protestbewegung jener Jahre. Aufgrund ihrer engelhaften Erscheinung verglich man sie gar mit der «Jungfrau Maria», was sie mit leiser Ironie von sich wies: «I am not a saint. I am a noise …»
Selbstbewusst ging Baez ihren Weg und verhalf dem damals ebenfalls blutjungen Bob Dylan, den sie bei ihren Konzerten auf die Bühne holte, zum Karrieresprung, um schliesslich nebst der künstlerischen auch eine Liebesbeziehung mit ihm einzugehen. Ein Dream Couple – mit abruptem Ende: Nur zwei Jahre später, auf seiner England-Tour, beendete Dylan die Beziehung einseitig und öffentlich. JOAN BAEZ – I AM A NOISE begleitet die fast 80-jährige Sängerin 2019 auf ihrer Abschiedstournee und streift parallel dazu die biografischen Stationen, die sie zur Legende machten. Im Vordergrund aber steht Baez’ ganz persönliches Leben. Im Film spricht die Künstlerin nicht nur über die Höhepunkte ihrer Karriere, sondern auch über ihre Angst, Depression, Einsamkeit und die über Jahrzehnte unterdrückten Erinnerungen an ihren Vater. Fazit: Der fast zweistündige JOAN BAEZ – I AM A NOISE ist kein klassisches Biopic über die grosse Sängerin und engagierte Zeitgenossin, sondern vielmehr ein intimes Porträt, das tief in die Psyche der Aktivistin eintaucht, die als «Stimme und Gewissen» ihrer Generation Geschichte schrieb. Mit fast 83 Jahren scheint sie endlich zu einer Art Versöhnung mit ihren «inneren Dämonen» – ja zu einer Art seelischem Frieden und «wholeness» gefunden zu haben. |